Die Geschichte des Insulins
Als Menschen mit Diabetes wissen wir wie wichtig es für uns alle ist, Zugang zu dem Insulin zu haben, das wir benötigen. Im Zusammenhang mit Diabetes Typ 1 ist Insulin ein Medikament, das uns nicht nur erlaubt zu essen und all unsere täglichen Aktivitäten wahrzunehmen, sondern das uns auch am Leben hält. Wir wissen auch, dass Insulin vor 100 Jahren entdeckt wurde, aber wissen wir wirklich, wie es dazu kam?
Das Thema heute ist eine Geschichte, die wir lieben: Die Geschichte des Insulins.
Vor seiner Entdeckung
Vor der Entdeckung von Insulin, starben Menschen mit Diabetes Typ 1 kurz nach der Diagnose, da sowohl Ursache als auch Behandlung der Krankheit unbekannt waren. Im alten Ägypten, um 1552 vor Christus, dokumentierte Hesy-Ra die ersten Symptome einer Krankheit, von der wir heute annehmen, dass es sich dabei um Diabetes handelt. Einige medizinisch Gelehrte beschrieben eine Art Krankheit, bei der der Urin süßlich zu riechen schien. Es gibt sogar Berichte, nach denen der Urin Ameisen anzog.
Später beschrieb Arateus in Griechenland Polyurie und Diabetes als Krankheit mit Gewichtsverlust und häufigem Wasserlassen als deutlichsten Symptomen.
Um 1670 wurde die Krankheit mit dem Wort mellitus beschrieben, Latein für honigsüß oder süß, in Bezug auf die Süße des Urins. Bis etwa 1908 gab es keine chemische Nachweismethode einer tatsächlich erhöhten Glukosekonzentration im Urin.
Der erste ernährungswissenschaftliche Ansatz
Gesundheitsexperten bemerkten später, dass Patienten länger überlebten, wenn sie auf eine kohlenhydratarme und streng kalorienarme Diät gesetzt wurden. Apollinaire Bouchardat, ein französischer Arzt, bemerkte diesen Effekt zum ersten Mal in einigen seiner Patienten, die während des Krieges das Essen rationieren mussten.
Später schrieb Elliott Joslin sein Buch “Die Behandlung von Diabetes Mellitus“, in welchem er unter anderem auch erklärte, wie Fasten und häufige Bewegung das unmittelbare Sterberisiko von Diabetespatienten verringerten.
Unbekannte Zellen
Im 19. Jahrhundert konnte in gründlicheren Post Mortem-Verfahren in einigen Personen Schäden an der Bauchspeicheldrüse festgestellt werden. Aber erst 1869 erkannte ein Medizinstudent namens Paul Langerhans, dass es in der Bauchspeicheldrüse Zellen bislang unbekannter Funktion gab.
Bei diesen Zellen handelte es sich um nichts anderes als die Zellen, von denen wir heute wissen, dass sie die insulinproduzierenden B (Beta)-Zellen sind. Zu seinen Ehren tragen sie den Namen, unter dem wir sie heute kennen: „Langerhans’sche Inseln“.
Minkowskis Hunde
1889 bewiesen Oskar Minkowski und Joseph von Mering, dass ein Hund, dem man die Bauchspeicheldrüse entnommen hatte, automatisch Diabetes entwickelt. Die Schlüsselrolle der Bauchspeicheldrüse wurde immer klarer, und auch, dass die darin gebildeten Zellen eine Antwort bereithalten könnten. Dank dieser und anderer Experimente mit Hunden konnten der Bauchspeicheldrüse zwei bestimmte Aufgaben zugeschrieben werden:
a) Produktion von Verdauungssäften und
b) Produktion eines Stoffes, der die Blutzuckerwerte reguliert.
In der Theorie lag in dieser Substanz der Schlüssel zur Lösung dessen, was bis dahin das Rätsel um Diabetes und seine Behandlung war.
Dr. Frederick Banting
Dr. Frederick Banting glaubte, dass diese Verdauungssäfte einen negativen Einfluss auf das Sekret der Langerhans’schen Inseln haben könnte (man wusste noch nicht genau, was diese Substanz sein könnte).
1921 präsentierte Banting diese und andere Ideen vor Professor John Macleod, einer Schlüsselfigur der Diabetesforschung. Macleod glaube nicht so recht an den Erfolg von Bantings Forschung, entschied sich aber dennoch, ihn zu unterstützen.
Macleod stellte Banting netterweise ein Labor und ein paar bemitleidenswerte Hunde zur Verfügung (wir weisen nachdrücklich darauf hin, wieviel wir diesen Hunden zu verdanken haben), damit er seine Forschung fortsetzen konnte. Als Bonus gab Macleod Banting auch einen Assistenten an die Hand, einen Medizinstudenten namens Charles Best.
Diese beiden Männer experimentierten erneut an Hunden (wir werden niemals erschöpfend unseren Dank an all diese Hunde zum Ausdruck bringen können) und beobachteten, dass Folgendes nach der Entfernung der Bauchspeicheldrüse geschah: Der Blutglukosespiegel des Hundes stieg, der Hund war sehr durstig, trank viel Wasser und urinierte abnormal viel und wurde schwächer. Kurzum: Der Hund entwickelte Diabetes (und heute wissen wir, dass dies die Symptome von Hyperglykämie oder hohem Blutzucker sind).
Ihre Forschung ging weiter und endlich isolierten sie eine Substanz aus der Bauchspeicheldrüse, der sie den Namen Isletin gaben (von eng. islet – Inselchen).
Dem Hund wurde Isletin gespritzt und sein Blutzucker sank dramatisch. Unter fortgesetzter Behandlung wurde der Hund immer gesünder und zeigte nicht länger Diabetessymptome.
Macleod glaubte nicht, dass diese Ergebnisse das Resultat der Forschung abschließend bewiesen, und so bat er um weitere Forschung. Banting und Best war klar, dass sie mehr Organe benötigen würden, an denen sie diese Tests würden durchführen können, und begannen mit der Verwendung von Rindern.
Mit dieser neuen Quelle gelang es ihnen, mehrere Hunde mit Diabetes am Leben zu halten. Als er diese Ergebnisse sah, war Macleod überzeugt und gab Best und Banting ein neues Labor und Forschungsmittel und entschied, das Sekret oder Extrakt Insulin zu taufen.
Banting e Best
Banting und Best schliefen vermutlich zu wenig. Sie waren ganz wild darauf, die Substanz an Menschen auszuprobieren. Sie hatten ja schon gezeigt, dass sie in Hunden gut funktionierte, aber was war mit Menschen? Sie entschieden sich, sich selbst Insulin zu spritzen, um die Reaktion zu beobachten – sie berichteten, sich schwach und schwindlig zu fühlen, aber erlitten keinen ernsten Schaden oder Verletzungen (heute wissen wir, dass das Hypoglykämie war, aber vermutlich wegen nur kleiner Mengen gespritzten Insulins; jemandem, der selbst Insulin produziert, größere Mengen Insulin zu spritzen, hätte tödlich ausgehen können).
Collip seinerseits setzte seine Arbeit zur Aufreinigung des Insulins fort und experimentierte zur Dosisfindung. Er lernte, wie sich die Auswirkungen einer Insulinüberdosis mit einer Quelle reiner Glukose (wie Orangensaft oder Honig) abschwächen lassen.
Am 11. Januar 1922 wurde Leonard Thompson als erster Mensch ausgewählt, der die Behandlung mit diesem neuen Medikament erhalten sollte. Leonard war ein vierzehnjähriger Junge mit Diabetes Typ 1. Vor der Insulingabe hatte er sich wiederholt an der Schwelle des Todes wiedergefunden. Kurz nach der Anwendung von Insulin, nahm Leonard wieder an Gewicht zu und die Symptome der Hyperglykämie verschwanden.
Von dem Moment an konnte die Verwendung dieser Arznei in anderen Diabetespatienten studiert werden. Im gleichen Jahr, am 12. April 1922 bot das Forschungsteam dem Präsidenten der Universität Toronto an, den Namen des Bauchspeicheldrüsensekrets abschließend auf Insulin festzulegen. In Spanien arbeitete Dr. Rossend Carrasco daran, Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen im städtischen Schlachthaus Barcelona zu gewinnen.
Unglücklicherweise waren diese aus Tieren gewonnen Insuline, obwohl lebensrettend, auch risikobehaftet – einige Menschen berichteten von allergischen Reaktionen und signifikanten Hautreaktionen.
In den frühen 1980ern wurden die heute als humane Insuline bekannten Arzneien entwickelt. Diese Insuline werden nicht speziell aus Menschen gewonnen, sondern sind so gemacht, dass sie sich verhalten wie Insuline im menschlichen Körper (d.h. analog dazu). Diese analogen Insuline wurden weiterentwickelt und 1996 war das Jahr, in dem das erste schnell wirkende Insulin verfügbar wurde. Im Jahr 2000 wurden von der Diabetesgemeinschaft und weltweit mit großer Begeisterung Langzeit-Insulinanaloga begrüßt.
Die Geschichte endet hier nicht, sie ist lang, und das ist erst der Anfang. Hier und heute sollten wir der Welt für Best, Macleod, Minkowski, Banting, die Hunde und die Kühe danken, ohne die uns Insulin nie erreicht hätte.
Wie so oft ergaben sich die Entdeckungen aus den Beobachtungen und dank der Neugier einiger weniger Menschen, die das Leben vieler anderer veränderten.
Quellen
El descubrimiento de la insulina: Continúan las polemisas después de noventa años | Endocrinología Y Nutrición. (n.d.). https://www.elsevier.es/es-revista-endocrinologia-nutricion-12-articulo-el-descubrimiento-insulina-continuan-las-S1575092211003172
¿Conoces la historia de la diabetes? (12 marzo 2015). Asociación Diabetes Madrid. https://diabetesmadrid.org/conoces-la-historia-de-la-diabetes/
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